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10.12.2025

Omnibus-Paradox: 70 Prozent der Banken erwarten Mehraufwand bei ESG-Datenerhebung durch EU-Vereinfachungen

ESG-Daten Monitor 2025

Größte ESG-Daten Studie im DACH-Raum zeigt wachsende Kluft zwischen Bürokratieabbau und Bankenpraxis – Einfluss von ESG-Kriterien auf Kreditvergabe sinkt kurzfristig deutlich 

Frankfurt am Main, 18. November 2025 – Die geplanten Erleichterungen der ESG-Berichtspflichten durch das Omnibus-Paket könnten für Banken paradoxerweise zu erheblichem Mehraufwand führen. Dies zeigt der ESG-Daten Monitor 2025, die größte Studie zur Nutzung von ESG-Daten in Finanzinstituten im deutschsprachigen Raum. Rund 70 Prozent der 165 befragten Experten aus Finanzinstituten mit einer Bilanzsumme von über 6.000 Milliarden Euro erwarten zusätzliche Belastungen bei der Erfüllung der regulatorischen Anforderungen für Banken bei der Kreditvergabe an  nicht-berichtspflichtige Firmenkunden und kleine und mittelständische Unternehmen. 

ESG trotz politischem Gegenwind fest verankert 

Trotz politischem Gegenwind halten Finanzinstitute konsequent an ihren Plänen zur ESG-Integration fest: 86 Prozent nutzen bereits ESG-Scorings oder planen deren Einsatz bis Ende 2027. Die Studie belegt damit einen fundamentalen Wandel – ESG ist von der Hype-Phase in die operative Bankenpraxis übergegangen. Die Studie belegt, dass Finanzinstitute die langfristige Relevanz des Themas unabhängig von kurzfristigen politischen Diskussionen sehen und ihre ESG-Risikomanagementsysteme eigenständig weiterentwickeln. 

Die Studie, durchgeführt von openESG, PPA Group und CredaRate Solutions in Zusammenarbeit mit der Frankfurt School of Finance and Management, zeigt zugleich einen markanten Rückgang des aktuellen ESG-Einflusses auf Kreditentscheidungen. Wurden 2024 noch durchschnittlich 40 Prozent der Kreditentscheidungen durch ESG-Risiken beeinflusst, sind es 2025 nur noch 23 bis 34 Prozent – mit dem niedrigsten Anteil im KMU-Segment. Bis Ende 2027 prognostizieren die befragten Experten jedoch eine mittelfristige Zunahme auf über 40 Prozent bei Großunternehmen und über 30 Prozent bei KMU. 

Omnibus wird Datenproblem verschärfen, statt es zu lösen 

Die Europäische Zentralbank hatte bereits im August 2025 in einem Schreiben an die EU-Kommission auf die Gefahr einer regulatorischen Schieflage hingewiesen. Darin betonte sie, der Klimawandel habe „tiefgreifende Auswirkungen auf die Preisstabilität“ und erfordere eine ausreichend belastbare Datenbasis zur Steuerung der finanziellen Risiken. Die geplante Reduktion der berichtspflichtigen Unternehmen um bis zu 80 Prozent durch das Omnibus-Paket könnte aus Sicht der EZB genau diese Datenbasis gefährden.  

Für Banken entsteht damit ein Zielkonflikt: Während EZB und EBA ihre Anforderungen an das ESG-Risikomanagement weiter verschärfen, drohen gleichzeitig Informationslücken auf Unternehmensebene. 70 Prozent der befragten Experten sehen die Omnibus-Initiative als Hürde, die die Einhaltung der regulatorischen Vorgaben insbesondere bei der Finanzierung von nicht-berichtspflichtigen Firmenkunden und KMU erschweren wird. Banken könnten zukünftig häufiger auf Branchendurchschnittswerte oder Schätzwerte zurückgreifen – eine Praxis, die bereits heute im KMU-Segment dominiert. In dem Segment werden bereits heute rund 63 Prozent der Kreditentscheidungen auf Basis von Durchschnittswerten statt individueller Daten getroffen. Aus Sicht des Risikomanagements ist dies eine denkbar unsichere Grundlage für die fundierte Bewertung unternehmensspezifischer ESG-Risiken.  

Datenverfügbarkeit bleibt Achillesferse  

Die Studie bestätigt: Fehlende oder unzuverlässige ESG-Daten sind nach wie vor die größte operative Hürde – insbesondere im KMU-Segment. Auf einer Skala von 1 bis 6 bewerten die Befragten die Relevanz dieser Problematik mit durchschnittlich 5,2, die Datenqualität mit 4,9. Auffällig ist dabei eine Wahrnehmungslücke zwischen Management und operativer Ebene: Während Fachverantwortliche die Defizite als kritisch einstufen, wird das Thema im Top-Management deutlich weniger dringlich eingeschätzt. 

Große Institute mit Bilanzsummen über 30 Milliarden Euro berücksichtigen ESG-Risiken bereits in 40 Prozent ihrer Kreditentscheidungen, während kleinere Institute mit unter einer Milliarde Euro Bilanzsumme lediglich 22 Prozent erreichen. Allerdings planen kleinere Institute, diesen Rückstand bis Ende 2027 teilweise aufzuholen und ihre Quote auf durchschnittlich 30 Prozent zu steigern. 

60 Prozent sehen ESG weiter als Geschäftschance – trotz politischem Gegenwind 

Trotz zunehmender politischer Kontroversen und regulatorischer Unsicherheiten bewerten 60 Prozent der befragten Experten Sustainable Finance weiterhin als Geschäftschance. Gegenüber dem Vorjahr ist dies ein nahezu unveränderter Wert. Besonders optimistisch zeigen sich genossenschaftliche Banken mit 62 Prozent, während private Institute mit 48 Prozent eher den Zusatzaufwand fürchten. Auch die Einschätzung von Transitionsrisiken hat sich verschoben: 64 Prozent der Befragten halten deren Relevanz derzeit für rückläufig – eine Sicht, die mit der BaFin übereinstimmt, aber im deutlichen Kontrast zur Europäischen Zentralbank steht. 

ESG-Scoring etabliert sich als Standard 

Die Integration von ESG-Kriterien in die Banksteuerung schreitet dennoch voran: 86 Prozent der Befragten nutzen bereits ESG-Scoring oder planen deren Einsatz innerhalb von zwei Jahren. Allerdings beeinflussen diese Scorings bislang nur bei rund 30 Prozent der Befragten direkt die Kreditmarge – mit deutlich höherer Relevanz bei großen Instituten (45 Prozent) als bei kleineren. Die Erhebung von erforderlichen Daten erfolgt unverändert fragmentiert: Große Institute setzen primär auf die eigenen Kundenbetreuer, kleinere auf Fragebögen und externe Dienstleister.  

„Die Studie belegt, dass ESG-Daten längst zentraler Bestandteil des Risikomanagements geworden sind, also nicht nur regulatorisch notwendig, sondern auch betriebswirtschaftlich relevant", sagt Michael Sindram, Geschäftsführer der openESG GmbH. „Trotz regulatorischer Unsicherheiten integrieren Banken das Thema mit pragmatischen Ansätzen in ihre Praxis. Das bestätigt die Relevanz dieser vergleichsweise neuen ESG-Risikotreiber eindrucksvoll." 

Über den ESG-Daten Monitor 2025 

Der ESG-Daten Monitor 2025 ist die größte Studie zur Nutzung von ESG-Daten in Finanzinstituten im deutschsprachigen Raum. Sie bietet Orientierung für Risikomanager und Banksteuerer, indem sie operative Prioritäten und Herausforderungen beleuchtet. An der dritten Auflage beteiligten sich 165 Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die eine kumulierte Bilanzsumme von über 6.000 Milliarden Euro repräsentieren. Die Befragten stammen überwiegend aus den Bereichen Risikomanagement, Marktfolge und Nachhaltigkeitsmanagement – also aus den zentralen Funktionsbereichen, in denen ESG-Daten täglich operationalisiert werden. Die Studie wurde von openESG, PPA Group und CredaRate Solutions von Juni bis Oktober 2025 durchgeführt und von der Frankfurt School of Finance & Management wissenschaftlich begleitet.  




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